Als ich mich selbständig machte, wusste ich erst einmal nur, was ich tun wollte und was ich gut konnte: Schreiben. Marketing. Filme. Damit wollte ich es als Freiberuflerin versuchen. DAS hatte ja in unserer Familie noch nie jemand gewagt…  aber ich hatte im Laufe meines Lebens zwei Unternehmen aus der Wiege geholfen. Wieso sollte ich es nicht alleine schaffen?

Die Entscheidung dahin war nicht einfach: Jeder, aber auch wirklich jeder riet mir ab. Zumal ich eine wirklich gute Alternative in der Marketing-Abteilung eines großen Konzerns in Aussicht hatte. Ich quälte mich über Wochen mit der Entscheidung. Jedes rationale Argument wies mich in Richtung der Marketing-Position. Einzig und allein mein Gefühl sagte mir immer wieder: „Wag es! Spring!“

Und ich sprang. Plötzlich ging alles sehr schnell. Von der Absage bis hin zum definitiven Commitment zur Selbständigkeit vergingen nur wenige Tage. Jetzt hatte ich das Gefühl, dass nichts mich aufhält. Bodo Schäfer schrieb einmal, dass zu einfache Entscheidungen das Resultat entwerten. Meine war unendlich schwer gewesen, meine ganze Existenz, die Meinung meiner Familie und aller Freunde hatte dagegen gesprochen. Das wertete sie so sehr auf, dass allein die Entscheidung ein unglaubliches Momentum auslöste.

Ich wusste also, was ich tun wollte, aber noch nicht, für wen. Und noch nicht mal so richtig, wie und wo ich beginnen sollte.

Also tat ich, was ich im Zweifel immer tue: Ich begann, zu lesen. Ich las in wenigen Wochen Dutzende Bücher über Selbständigkeit und Unternehmensgründung. Manche waren Schrott, einige waren hilfreich, aber eines hat mich geflasht: Die Kunst, seine Kunden zu lieben von Stefan Merath. Es war das Buch, das mich komplett umkrempelte. Merath (der 2009 schon den Strategiepreis gewann) entwickelt hier eine völlig neue Strategie, sich eine Zielgruppe zu erarbeiten. Ich spare mir, hier das Buch zusammenfassen zu wollen (wen es interessiert, der sollte es lesen!), aber ich will erzählen, was es in mir auslöste.

Ein paar Tage kaute ich auf dem Buch herum wie auf einem Stück Schuhleder. So erquicklich die eigentliche Lektüre war, so schwer fiel es mir doch, sie zu finden: Die Kunden, die ich wirklich lieben konnte. Doch dann saß ich an einem Sonntagnachmittag auf der Terrasse, neben mir ein Bier, auf dem Bauch das Buch – und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Meine Lieblingskunden. Meine „psychografische Zielgruppe“. Dass ich demografisch gesehen Unternehmer aus kleinen und mittelständischen Unternehmen ansprechen wollte, war mir klar, aber diese Zielgruppe war noch viel zu schwammig, viel zu groß. Jetzt wurde mir klar: Meine Lieblingskunden sind Visionäre. Sie haben den Mut, zu sagen, dass sie die Welt verändern wollen. Sie haben eine Idee, an die sie glauben, und die sie begeistert. DIESEN Kunden, und nur diesen, wollte ich mit meinen Konzepten helfen. Ihnen nicht einfach Marketing verkaufen, sondern ihre Vision betreuen. Ihre Leidenschaft teilen.

Das Unglaubliche war: Als ich meine Lieblingszielgruppe hatte, war plötzlich alles andere fast schon lächerlich einfach. Die Energie sprudelte nur so auf mich zu. Binnen weniger Wochen wurde klar, dass mein Angebot weniger die Texte sind, als vielmehr Imagefilme und Marketing-Konzepte bzw. -Strategien. Jetzt ging es plötzlich nicht mehr darum, dass ich etwas gerne machte oder in etwas gut war – es ging jetzt sehr konkret um meine Kunden.  Plötzlich war auch fraglos klar, dass ich selbst ein Unternehmen haben wollte – kein einfaches Freiberuflertum. Ein Unternehmen, das funktioniert und meinen Lieblingskunden dabei hilft, die Welt mit ihrer Idee, ihrer Dienstleistung, ihrem Produkt ein bisschen besser zu machen.

 

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